Von Groß-Siegharts im Waldviertel aus steuert derFamilienunternehmer Volker Fuchs den Höhenflug vonTest-Fuchs, einem international renommierten Zuliefererder Luft- und Raumfahrtindustrie.
VON FLORIAN SEDMAK
REFERENZ
Im ländlichen Groß-Siegharts mit seinen knapp 2.800Einwohnern würde wohl kaum jemand einen wichtigen Standortder Luft- und Raumfahrt vermuten. Dass die im Waldviertelgelegene Marktgemeinde diesbezüglich etwas mit Seattle(Boeing), Toulouse und Hamburg (Airbus) sowie Paris (EuropeanSpace Agency) gemeinsam hat, liegt am größten Arbeitgeber vonGroß-Siegharts: Test-Fuchs. Hier und an seinen Standorten inaller Welt beschäftigt das österreichische Familienunternehmenrund 400 Mitarbeiter.
Die Werkstatt im Wohnzimmer. Die Geschichte von Test-Fuchsbeginnt, als Firmengründer Ingenieur Fritz Fuchs 1946 in seinemWohnhaus eine Elektromaschinenwerkstatt gründet. In den über70 Jahren seither hat sich der Betrieb zum führenden Herstellervon Testsystemen und Prüfanlagen für die Luftfahrtaufgeschwungen. Außerdem liefert das Unternehmenelektromechanische und intelligente elektronische Baugruppenfür Hubschrauber, Passagierflugzeuge, Frachtmaschinen undKampfjets wie den Eurofighter. Dazu kommenSystemkomponenten für Satelliten und Raumfahrzeuge wie dieeuropäische Trägerrakete Ariane.
Hohe Erwartungen an den Exportkaiser. Es ist kein ganz einfachesGeschäft, das Volker Fuchs in dritter Generation führt: „Wir lebenmit der Erwartungshaltung unserer Kunden, in sehr kurzer Zeitanspruchsvolle Anlagen auf den Markt zu bringen, die sich dannbinnen drei Jahren amortisieren sollen, obwohl unsere Systemetypischerweise zwanzig Jahre im Einsatz sind.“ Doch mit demDruck wissen Fuchs und seine Mitarbeiter umzugehen. Bis datohat Test-Fuchs Testeinrichtungen rund um über 100 verschiedeneFlugzeugtypen gebaut. Die Kundenliste kommt einem Who-is-who der Branche gleich: Test-Fuchs beliefert Airbus und AirbusHelicopters, Boeing, Sikorsky, Pilatus, Kawasaki, dasÖsterreichische Bundesheer sowie zahlreiche namhafte Airlines.Die Produktion geht zu sage und schreibe 95 Prozent in denExport.
Mit Leidenschaft fliegen. Flugzeugen gilt Volker Fuchs’ Leidenschaftauch im Privaten: Mit der eigenen Maschine hebt Fuchsregelmäßig vom kleinen Dobersberger Flugplatz an dertschechischen Grenze ab. Manchmal sogar zu Kundenterminen,wie einst mit seinem Vater Ingo, der den flugbegeisterten Bubenbei allen Gelegenheiten mitfliegen ließ. „Auf diese Art bin ichschon als Kind ins Unternehmen hineingewachsen, ohne es zumerken“, erinnert sich Fuchs, „aber es hat nie den Druck derErwartung gegeben, dass ich die Firma einmal übernehmenmuss.“ Die Übernahme erfolgte unerwartet früh einen Tag vorFuchs’ Matura an einer Wiener HTL, als Vater Ingo tödlichverunglückte. Als einer der wohl jüngsten Manager des Landestrat der Junior in die väterlichen Fußstapfen und hielt dasUnternehmen auf Erfolgs- und Wachstumskurs. „DasUnternehmen hat sich sehr gut entwickelt“, ist Fuchs zufrieden.„Natürlich mit einigen Unterbrechungen, aber die Krise 2008haben wir kaum gespürt.“
Groß-Siegharts, Singapur und Cleveland. Ähnlich umfassend wie dieProdukt- und Dienstleistungspalette ist das Netz der Produktions-und Servicestandorte von Test-Fuchs, das sich von Deutschland,Italien und Frankreich über Spanien und Großbritannien bisSingapur zieht. Ein neuer Standort entsteht gerade in Clevelandim US-Bundesstaat Ohio, in dem die ersten Mitarbeiter dieserTage mit dem Aufbau der Produktion beginnen. Sie soll 2018 inBetrieb gehen. Große Sorgen um die transatlantischenHandelsbeziehungen macht sich Volker Fuchs nicht: „Ich rechnenicht damit, dass eine Flut an Einfuhrzöllen auf uns zurollt.“
Mehr Kopfzerbrechen bereitet dem Unternehmen diePersonalsituation daheim im Waldviertel. „Gute Lehrlinge zubekommen, war bis jetzt kein Thema“, sagt der CEO, „doch nunbekommen auch wir schön langsam den demografischen Wandelund die Folgen einer Politik zu spüren, die junge Leute immerlänger in der Schule halten möchte. Was im Waldviertel aberwirklich schwierig ist, ist Akademiker in technischen Berufen zubekommen.“
Neue Ansätze bei der Personalsuche. So sind im Frühjahr 2017 nichtweniger als 18 so herausfordernde Jobs wie Software-Architekt/-inoder Konstruktions- und Entwicklungsingenieur/-in in Groß-Siegharts ausgeschrieben. Zu klagen und tatenlos zuzuschauen istFuchs fremd: „Man muss die Energie immer für die Veränderungeinsetzen, nie dagegen.“ Das Lehrlingsmarketing von Test-Fuchsläuft deshalb nun auch über die Lieblingskanäle der jungenGeneration am Handy. Um dem akademischen Personal denArbeitsweg zu verkürzen, übersiedelt ein Teil derEntwicklungsabteilung im Mai 2017 in den DC-Tower nach Wien.„Da haben wir eine direkte U-Bahn-Verbindung zur TechnischenUniversität, an der wir uns verstärkt als Arbeitgeber zeigenwerden“, erklärt Fuchs die künftige Recruitingstrategie.
Aus dem Hause Test-Fuchs stammenPrüfeinrichtungen fürüber 100 Flugzeug-typen.
Aus dem Hause Test-Fuchs stammenPrüfeinrichtungen fürüber 100 Flugzeug-typen.
„Was im Waldviertel wirklich schwierigist, ist Akademiker in technischenBerufen zu bekommen.“
VOLKER FUCHS
Dieser Artikel isterstmals inAusgabe 2/2017der perspektivenerschienen.