Absolute Transparenz und mehr Dokumentation: Neue Gesetzesollen den Anlegerschutz erhöhen. Auch Kundengesprächewerden dadurch etwas anders ablaufen.
VON FLORIAN STREB
Die Konsumenten zu schützen ist das oberste Ziel einer EU-Richt-linie mit dem Namen „MiFID II“ (Markets in Financial Instru-ments Directive), die viele neue Regeln für die Beratung über undden Verkauf von Wertpapieren bringt, die ab 3. Jänner 2018 gel-ten. Dann tritt das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 in Kraft, mitdem diese Richtlinie in nationales Recht umgesetzt wird. Dasneue Gesetz stellt sicher, dass Spesen und Gebühren von Bankenund Emittenten klar ausgewiesen werden und dass Anlegern nurjene Produkte angeboten werden, die für sie geeignet sind unddie sie verstehen. Um das zu erreichen, gibt es künftig noch um-fassendere Pflichten zur Aufklärung und Dokumentation von Be-ratungsgesprächen.
Computer ist immer dabei. Kundentermine werden im neuen Jahretwas anders als bisher ablaufen, da künftig mehrFormvorschriften einzuhalten sind. „Mehr Transparenz undDokumentation bedeutet auch, dass die Bewegungsmöglichkeitetwas eingeschränkt wird“, sagt Helmut Siegler, Leiter derAbteilung Private Banking Investment Strategy, Products &Advisory. „Ohne PC oder Laptop kommt man beiBeratungsgesprächen nicht mehr aus. Unsere Berater werdenkünftig eine spezielle Beratungssoftware verwenden und müsseneinem technischen Prozessablauf in der Beratung folgen, damitdie entsprechenden Protokolle erstellt werden können.“ Kundenwerden sich also daran gewöhnen müssen, dass zugunsten einesnoch besseren Anlegerschutzes Gespräche einem etwas starrerenRahmen folgen. Zusätzlich zum Know-how der Berater, die fürden Kunden — wie bisher — nur für ihn geeignete Produkteauswählen dürfen, werden in der EDV sofort dahingehendeÜberprüfungen durchgeführt. „Es ist nicht so, dass wir bis jetztwährend Gesprächen keine EDV eingesetzt haben“, sagt Siegler.„Aber ohne ist es künftig einfach nicht mehr möglich.“
Termine vor Ort bei Kunden wird es aber weiterhin geben, derLaptop ist ohnehin immer dabei. Schwierig wird es nur, wennkein Internetempfang möglich ist. „Manche Dokumente, die wirbisher erst im Nachhinein übermittelt haben, werden wir künftigvor Ort ausdrucken“, sagt Siegler — die Berater sind dafür ent-sprechend ausgerüstet. Auch telefonische Aufträge sind möglich,wobei die Gespräche aufgezeichnet und mindestens fünf Jahre ge-speichert werden müssen. „Wenn eine Auftragserteilung über Te-lefon erfolgt, wird der Gesprächspartner informiert, dass das Te-lefonat mitgeschnitten wird“, sagt Siegler. „Daran führt kein Wegvorbei — wenn ein Kunde das nicht möchte, darf er keine Telefo-norders geben.“
Vorreiter beim Reporting. Von den umfas-senden neuen Reportingvorschriften wer-den Kunden des Bank Austria Private Ban-king indes wenig merken, da diese schonweitgehend erfüllt werden. Ein weitererzentraler Punkt von MiFID II ist die Preis-transparenz. So müssen Kosten künftigschon vor Geschäftsabschluss nicht nur inProzent, sondern auch in Euro ausgewie-sen werden, damit der Anleger weiß, wieviel er insgesamt an Gebühren zahlt.
Wer auf die Vermögensverwaltung „VermögensManagement 5In-vest“ setzt, muss sich über diesen Punkt allerdings ohnehin wenigSorgen machen.
Zielgruppen für jeden Fonds. Neu ist, dass Investmentgesellschaftenund Emittenten für jedes Produkt „Zielmärkte“ definieren müs-sen. Während es bis jetzt primär Banken überlassen war, zu defi-nieren, welches Finanzinstrument für welchen Kunden infragekommt, muss künftig schon der Produzent einschränken, für wenein Produkt geeignet ist und an wen es schließlich auch verkauftwerden darf. Dabei geht es nicht nur um die Unterscheidung zwi-schen professionellen Kunden und Privatkunden, sondern zumBeispiel auch um Risikoklassen und darum, ob ein Kunde in Fi-nanzangelegenheiten erfahren oder unerfahren ist. „Auch wennes dadurch ein einheitlicheres Bild gibt, wird unsere interne Risi-koeinschätzung nicht verschwinden“, berichtet dazu Helmut Sieg-ler. „Es wird nicht alles verkauft, was verkauft werden darf.“
Fonds und andere Finanzinstrumente außerhalb der Empfeh-lungsliste können auf Wunsch des Kunden zwar weiterhin gekauftwerden, sagt Siegler: „Allerdings genießt der Kunde hier nichtden Vorteil der laufenden Qualitätssicherung durch das Produkt-management des Bank Austria Private Banking.“
Allgemein führen die Vorgaben dazu, dass sich Banken enger alsbisher mit Fondsgesellschaften abstimmen müssen. Viele Stim-men warnen daher davor, dass manche Banken künftig nur mehreine sehr kompakte Auswahl an Fonds anbieten können. DasBank Austria Private Banking ist dafür mit seinem klaren Konzeptmit elf ausgewählten Fondspartnern allerdings bereits jetzt bes-tens gerüstet, wie Siegler bestätigt: „Ich gehe nicht davon aus,dass unsere Produktauswahl durch die Zielmarktdefinitionenstark eingeschränkt wird.“
Provisionen werden eingeschränkt. Mit MiFID II kommt auch eineformale Unterscheidung zwischen „unabhängiger“ und „nicht un-abhängiger“ Beratung. Deklariert sich eine Bank oder ein Vermö-gensberater als unabhängig, darf er von den Produktanbieternkeine Provisionen annehmen, sondern muss sich über Beratungs-honorare oder Gebühren von den Kunden finanzieren. Wer Provi-sionen annimmt, muss detailliert darlegen, dass er diese dafüreinsetzt, dem Kunden einen Mehrwert zu bieten — zum Beispielregelmäßig die Portfoliozusammensetzung analysieren.
„Die Anforderungen für unabhängige Be-ratung nach der neuen Definition enthal-ten auch viele Vorgaben, die extremenAufwand verursachen, aber den Kundenkeinen Mehrwert bieten“, berichtet MartinMayer, Leiter der Produktentwicklung.Das Bank Austria Private Banking habesich daher nach intensiver Beschäftigungmit dem Thema dazu entschieden, formal„nicht unabhängige“ Beratung anzubieten:„Wir bieten schon heute in den für Kun-
den besonders relevanten Bereichen einen vergleichbaren Stan-dard und haben ein vergleichbares Produktangebot wie unabhän-gige Berater. Durch unser erfolgreiches internationales Fondsre-search haben wir schon bisher sichergestellt, dass nur die bestenFonds in unser Beratungsuniversum aufgenommen werden. Auchbei anderen Wertpapierarten durchlaufen alle Produkte im Bera-tungsuniversum einen Qualitätssicherungsprozess.“
Lob und Kritik für scharfe Regeln. Konsumentenschützer sehen Mi-FID II prinzipiell positiv, hätten sich teilweise aber noch weiterrei-chende Regelungen gewünscht. „Ob sich der Verbraucherschutzdurch die neuen Regeln tatsächlich erhöht, wird stark davon ab-hängen, wie effektiv die Kontrollen sein werden“, sagt dazu Chris-tian Prantner von der Arbeiterkammer Wien.
Positiv beurteilt die Arbeiterkammer die Regelungen zu Provisio-nen und die verstärkte Dokumentation der Beratung. Nicht weitgenug gehen ihr die Transparenzregeln. Auch, dass der „bera-tungsfreie“ Verkauf von Wertpapieren an Kleinanleger erlaubtbleibt, sieht Prantner kritisch: „Wir gehen davon aus, dass Finanz-instrumente generell erklärungsbedürftig sind.“ Anklang findetbei der Arbeiterkammer dafür die verpflichtende Festlegung vonZielmärkten: „Durch Definitionen, für welche Kundengruppenein Produkt geeignet ist und für welche nicht, wird hoffentlichpräventiv Schaden von Kleinanlegern abgewendet.“
Bank Austria sieht Fortschritt. In der Bank Austria wird die Richtli-nie zur Harmonisierung der europäischen Märkte für Finanzin-strumente insgesamt ebenfalls als Fortschritt gesehen. „UnseremQualitätsanspruch im Kunden- und Beratungsgeschäft kommt dieneue Richtlinie entgegen“, meint der Vorstandsvorsitzende Ro-bert Zadrazil — schließlich werden im Bank Austria Private Ban-king viele der zukünftigen Auflagen schon längst erfüllt. Dass ent-sprechend hohe Standards künftig im Sinne des Anlegerschutzesfür alle gelten sollen, ist zu begrüßen, auch wenn der Preis dafüretwas mehr Bürokratie ist. Wie sich die neue Gesetzeslage auf ein-zelne Anlagemöglichkeiten auswirkt, lesen hier.
Helmut Siegler leitet dieAbteilung Private BankingInvestment Strategy,Products & Advisory.
Martin Mayer ist im BankAustria Private Bankingfür Produktentwicklungzuständig.
„Mehr Dokumentationbedeutet auch: Ohne PCkommt man beiBeratungsgesprächennicht mehr aus.“
HELMUT SIEGLER
„Durch Definitionen,für wen ein Produktgeeignet ist, wirdhoffentlich Schaden vonKleinanlegernabgewendet.“